Sexuell übertragbare bakterielle Infektionskrankheiten – Vorgehensweise nach sexualisierter Gewalt

Zur standardisierten medizinischen Erstversorgung nach einer Vergewaltigung oder einem sexuellen Übergriff zu erkennen, gehört eine Abklärung sexuell übertragbarer Infektionskrankheiten. Diese Untersuchung beinhaltet serologische Tests auf Syphilis, Hepatitis B und HIV. Wenn diese Tests innerhalb weniger Stunden oder Tage nach dem Übergriff durchgeführt werden, zeigen sie den Status vor dem Angriff an, nicht jedoch Infektionen, die durch die Tat selbst verursacht wurden (0-Status).

Zusätzlich wird empfohlen auf Trichomonaden, Gonorrhöe und Chlamydien zu testen. Es ist wichtig zu beachten, dass den Tests auf sexuell übertragbare Infektionen (STIs) zustimmen müssen. 

Nach der Erstuntersuchung wird ein Zeitplan für Folgeuntersuchungen empfohlen, um das Auftreten von Schwangerschaft und STIs zu überprüfen:

Nach 1 Woche: Tests auf Gonorrhö, Chlamydien-Infektion und Trichomoniasis, insbesondere für diejenigen, die keine prophylaktische Behandlung erhalten haben.

Nach 2 Wochen: Schwangerschaftstest.

Nach 4 bis 6 Wochen: Tests auf Syphilis und HIV.

Nach 3 Monaten: Tests auf Syphilis, Hepatitis und HIV.

Dieser Zeitplan soll sicherstellen, dass alle möglichen Folgen der Vergewaltigung oder des sexuellen Übergriffs erkannt und entsprechend behandelt werden.

Unabhängig vom 0-Status empfiehlt die WHO eine prophylaktische antibiotische Behandlung unter Beachtung lokal verbreiteter Infektionskrankheiten (z.b. Syphilis) anzubieten. Sollte dies gewünscht sein, wird die unkomplizierteste und kürzeste Dosierungsform empfohlen, um die Einnahmewahrscheinlichkeit zu erhöhen. 

Folgende Aspekte sollten bei der Empfehlung berücksichtigt werden:

  • Wunsch der betroffenen Person 

  • keine Laboruntersuchung möglich

  • geringe Wahrscheinlichkeit der Wiedervorstellung zu Nachfolgeuntersuchungen

  • hohes Infektionsrisiko, z.B. bei Indexpersonen mit bekannter STI

Mit der prophylaktischen Therapie sollen zumindest C. trachomatis und N. gonorrhoeae erfasst werden, die in Europa die häufigsten therapierbaren STI repräsentieren


Prophylaktische Therapie bei Jugendlichen und Erwachsenen (AWMF-Leitlinie):

Ceftriaxon 1-2 g i.m. oder i.v. plus Azithromycin 1,5 g p.o.

Aufgrund der niedrigen Prävalenz von Trichomoniasis in Deutschland erscheint die Zugabe von Metronidazol (2 g p.o. als Einmaldosis) entbehrlich, in Einzelfällen aber berechtigt.

Im Fall einer Notfallkontrazeption mit Levonorgestrel oder Ulipristalacetat sollte Metronidazol aufgrund der verstärkten Übelkeit ca. 3 Stunden später eingenommen werden. Bei labordiagnostisch gesicherter Gonokokken-Infektion gelten die im spezifischen Therapieempfehlungen.

Bis zur abschließenden Kontrolluntersuchung soll die Verwendung von Barrieremethoden (Kondom) beim Geschlechtsverkehr empfohlen werden, um etwaige Weiterübertragung zu verhindern. 

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Was sollte ich tun, wenn ich sexuelle Gewalt erlebt habe?